
- Robin Daniel Frommer
Remchingen. Livestream statt Konzert: Die Idee für einen gemeinsamen Auftritt mit Soul-Stimme Katrin Haug geht auf Bassist Gernot Pfeiffer vom Trio „Love & Peace-Rebels“ zurück. Schlagzeuger Claus Müller und Gitarrist Ralf Hopp komplettieren die auf die Musik der Sixties spezialisierte Band. Auch Kulturhallen-Chef Paul Taube ist schon früh von dem Vorhaben angetan – und hält trotz Wellenbrecher-Lockdown daran fest.
Gegen 20 Uhr am Samstagabend ist es soweit, der Livestream startet, die drei Musiker beginnen auf der optisch und akustisch bestens präparierten Bühne: Die ersten drei Songs – „My Generation“ (The Who), „Eve Of Destruction“ (Barry McGuire) und „We Gotta Get Out Of This Place“ (Eric Burdon) – tragen sie noch ohne Katrin Haug vor. Die nimmt ihren Platz auf der Bühne erst mit Beginn des Beatles-Titel „Revolution“ ein, sorgt aber sofort mit ihrem legendären schwarzem Timbre für Volumen und Ausdrucksstärke der Gesangsparts.


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Die Moderation des Streifzugs durch die Pop-Musik der 60er-Jahre liegt bei Claus Müller. Erstaunlicherweise hat er sein Schlagwerk drastisch reduziert – nur Cajon, Tambourin, Shaker, Glocke, Becken und ein, zwei Pedale setzt er an diesem Abend in der leeren Kulturhalle ein – er singt gemeinsam mit Katrin „All Along The Watchtower“ und überrascht an einer akustischen Gitarre. Mit Peter Greens Instrumental-Klassiker „Oh Well“ läuft er zu ganz großer Form auf. Rolf Hopp versieht die Melodie mit hellen, später kraftvollen Akzenten – bis sie nach knapp fünf Minuten ganz langsam verebbt. Bassist Gernot Pfeiffer spielt den gesamten Gig barfuß – und sorgt für wuchtigen Drive und präzise Kontinuität.
Die folgenden sieben Titel prägt die Blues- und Gospel-Stimme von Katrin Haug. Woodstock, die Staple Singers und The Band lassen bei „The Weight“ grüßen; Janis Joplins „Move Over“ scheint in Wirklichkeit für die heute in Möglingen ansässige Katrin Haug geschrieben worden zu sein. Na ja, jedenfalls zum Teil.


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Für die jüngeren Leser: Katrin Haug stieß mit 16 als Sängerin zur legendären Formation „Matter Of Taste“, wo sie in dem Maß zum Mittelpunkt wurde, wie sich das Repertoire der Kult-Band in Richtung Soul und Fusion entwickelte. Lange her, zugegeben, doch Katrin Haugs Stimme, das unterstreichen auch die Songs „What’s Going On“ (Marvin Gaye), „San Francisco Nights“ (Eric Burdon), „Like A Rolling Stone“ (Bob Dylan) und „Gimme Shelter“ (Rolling Stones), hat nichts von ihrer Ausdruckskraft eingebüßt. Ungefähr 60 Zuschauer äußern sich zum Gig begeistert im Chat. Sogar aus Bulgarien, wie Claus Müller kommentiert. Für den ungewöhnlichen Schlusspunkt und, mit „Tobacco Road“, für den dritten Eric Burdon-Song, sorgt Ralf Hoff, der den Titel mit Bluesharp und Stimme nachhaltig prägt.
Der Livestream bleibt noch ungefähr eine Woche geschaltet; die Spendenmöglichkeit auch. Fazit: Der Gig schreit geradezu nach einer Wiederholung. Nach Corona – und unbedingt vor Publikum!

